Die Zeitschrift für Sprachunterricht und Sprachenlernen

Editorial

Ein neuer Abschnitt des Jahresablaufs in der Lehrer¬In¬nenausbildung geht zu Ende: Während der Sommerpause nehmen die zukünftigen Fremdsprachenlehrer an Sprachenaufenthalten und Fremdsprachenpraktika teil. Im Rahmen von Aufenthalten und Praktika in der Westschweiz oder im Ausland erleben die Lehrpersonen einen Höhepunkt im Fremdspracherwerb. Diese Erfahrungen sollen es ihnen ermöglichen, sich den erforderlichen Austrittskompetenzen anzunähern oder diese zu erreichen. Mit gutem Grund, denn mehrere Pädagogische Hochschulen verlangen zurzeit am Ende der Ausbildung die Niveaus C1 auf der Primarstufe und C2 auf der Sekundarstufe I.
Die Frage der Austrittskompetenzen in der Ausbildung ist seit langem ein Streitpunkt, wird jedoch immer wieder zum Diskussionsthema, da die Erfolgsrate in der Erlangung der Niveaus C1 und C2 sehr unterschiedlich ausfällt.
Allerdings staunt man immer wieder beim Besuch in einer französischsprachigen Klasse, in der eine deutschsprachige Praktikantin/ein deutschsprachiger Praktikant eine Lektion in Französisch als Erstsprache, Physik oder Mathematik unterrichtet, dass die Sprachkompetenzen die Qualität des Unterrichts kaum beeinträchtigen. Anderseits scheint im Vergleich der Deutschunterricht ñ Fremdsprache für die Lernenden und Erstsprache für die Lehrenden - in didaktischer Hinsicht häufig weniger interessant.
Aufgrund von Datenerhebungen bei Praktikanten im Fremdsprachpraktikum im Rahmen eines Forschungsprojektes von Regula Stiefel-Amans und Christine Greder-Specht an der Pädagogischen Hochschule Schaffhausen (Performanzorientierte Evaluation eines Sprachaufenthaltes) wurde unter anderem auch die Frage untersucht, welchen Einfluss die Sprachkompetenzen auf das Qualitätsniveau des Fremdsprachenunterrichts auf die Grundschule haben. Auch eine neue Untersuchung von Florine Engli et Werner Wickli an der PHZ Luzern widmet sich diesem Thema. Das Verhältnis von Sprachkompetenzen und berufspezifischen, d.h. didaktischen Kompetenzen ist eine Problembereich, der in der Ausbildung nicht immer berücksichtigt wird und auf eine Schwachstelle deuten könnte: Einerseits müssen Studierende den Anforderungen internationaler Zertifikate für Sprachkompetenzen genügen und andererseits müssen sie fach- und berufspezifischen Anforderungen gerecht werden, die in jeder Institution neu definiert werden.
Da die Harmonisierung der Bildungsstandards auch in der LehrerInnenausbildung ein Thema ist, stellt sich diese Frage für die Verantwortlichen der LehrerInnenausbildung dringlicher denn je. Es gibt viele Umsetzungsmöglichkeiten, ohne die sprachlichen Anforderungen tiefer zu setzen oder auf internationale Zertifikationen zu verzichten. Auch wenn momentan keine konkreten Antworten vorhanden sind, müssen wir diese Problematik thematisieren. Aus diesem Grund werden wir in einer kommenden Ausgabe auf diese Frage zurückkommen. (Sonia Rezgui)