Thema der Nummer 1/2013 - Lernen in Szenarien und Teacher cognition
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Umfang: 104 Seiten | Erste Teil: Lernen in SzenarienMit dem 2010 erschienenen Rahmencurriculum zur sprachlichen Förderung von Migrantinnen und Migranten und dem 2012 veröffentlichten Materialien des Projekts „fide – Französisch, Italienisch, Deutsch in der Schweiz“ ist das Bundesamt für Migration neue Wege im Zweitsprachenunterricht gegangen. Mit „fide“ orientiert sich das Sprachen lernen stark an der Alltäglichen Lebenswelt und den unmittelbaren Bedürfnissen der Migrantinnen und Migranten, welche von Anfang an bei der Bestimmung der Lerninhalte mitreden können. Das Lernprogramm konstruiert sich so entlang der Anforderungen von konkreten kommunikativen Situationen und folgt nicht mehr der Logik von „einfachen“ zu „komplexen“ Lerninhalten, angeordnet in einem Lehrmittel. Grundlage des Unterrichtskonzepts bildet das „Szenario“ – verstanden als eine relativ häufig vorkommende Handlungskette in einem bestimmten Kontext, die mit hoher Wahrscheinlichkeit nach einem bestimmten Schema abläuft. Beispiele von Szenarien sind „Ein Bankkonto eröffnen“, „Das Kind von der Krippe abholen“, „An einem Elternabend teilnehmen“ oder „Sich bei der Gemeinde anmelden“. Im „fide“-Projekt wurden rund 100 solcher Szenarien, die für die Migrationsbevölkerung eine hohe Relevanz haben, beschrieben und teilweise auch didaktische aufbereitet. Szenarien haben keine festen, vorbestimmten Lerninhalte, und sie lassen sich auch nicht a priori einem GER-Niveau zuordnen – Ziele, Inhalte und Anspruchniveau des Unterrichts ergeben sich aus dem Gespräch mit den Lernenden, nachdem diese sich mit dem Handlungsablauf eines Szenarios bekannt gemacht haben. Beim Lernen geht es danach nicht nur um Sprache sondern auch um den Aufbau eines Orientierungswissens über die Strukturen und den Alltag in der Schweiz. Die didaktische Form, welche sich aus diesem Ansatz ergibt, ist eine Art „erweitertes“ Task based learning. Die Lehrkräfte haben dabei die anspruchsvolle Aufgabe, einerseits die Handlungsfähigkeit der Lernenden zu fördern, auch mit nicht-sprachlichen Mitteln, und andererseits ihre sprachlichen Ressourcen zu entwickeln. Eine weitere Herausforderung ist die eingeschränkte Planbarkeit des Unterrichts, die sich auf die konsequente Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Lernenden ergeben kann. In der Nummer 1/2013 von Babylonia werden das „fide“-Projekt des Bundes und seine Produkte vorgestellt, der Schwerpunkt liegt dabei jedoch auf der Szenario-Didaktik und die Herausforderungen bei der Umsetzung. Ebenfalls sollte das Potential der Szenario-Didaktik für andere Lernkontexte ausgelotet werden, beispielsweise in Bezug auf den Fremdsprachunterricht in den Berufsschulen, in der beruflichen Weiterbildung oder im Rahmen der arbeitsmarktlichen Massnahmen. Vorgesehen wäre ebenfalls eine didaktische Beilage, welche die Arbeit mit einem Szenario konkret darstellt. Zweite Teil: Teacher cognition: Wie entstehen, wirken und verändern Überzeugungssysteme?
Angehende Lehrpersonen beginnen ihre Ausbildung nicht als "unbeschriebene Blätter", sondern bereits von mannigfaltigen eigenen Erfahrungen von Schule und Lernen geprägt. Im Laufe ihrer Ausbildung und späteren Berufstätigkeit sammeln sie bei der Aneignung von fachlichem Wissen und professionellem Handlungskompetenzen vielfältige und heterogene neue Erfahrungen, deren Einordnung und weitere Verarbeitung allmählich zur Bildung eines komplexen Überzeugungssystems führt. Inwieweit solche Überzeugungssysteme veränderungsresistent bzw. – z.B. durch Weiterbildung – veränderbar sind, ist eine Frage, der es sich in einer von Reformen und Innovationsprojekten im sprachlichen Bildungsbereich gekennzeichneten Epoche wie der heutigen vertieft nachzugehen lohnt. An einem früheren Punkt der professionellen Biografie – während der Ausbildung zur Lehrperson – ansetzend lässt sich der Entstehung von Wissens- und Überzeugungssystemen nachspüren und deren Interaktion mit der Erarbeitung didaktischer Werkzeuge in den Blick nehmen. Und nicht zuletzt muss aus der Perspektive des Klassenzimmers immer wieder die Grundsatzfrage gestellt werden: Wodurch zeichnet sich guter Unterricht aus, und welche Kompetenzen und Haltungen werden wirksam, wenn eine Lehrperson solchen erteilt? Margrit Hagenow info@ stauferprojekte.chge.stoks@ idea-ti.ch |