Die Zeitschrift für Sprachunterricht und Sprachenlernen

Editorial

“Sprachen sind wichtig, man muss sie können, brauchen und sie lieben, um das Gegenüber, das sie spricht, zu kennen, zu respektieren und zu lieben. Sie sind ein Tor – ‘bab’-, nicht eigentlich zu Gott – ‘ili’, vielmehr zu einer besseren Gesellschaft, in der die Verschiedenheit als Reichtum betrachtet wird.” So schrieben wir in der ersten Byblonianummer.

Nach 10 Jahren, bisweilen mitreissend und erfreulich, manchmal aber auch mühsam und schwierig, wollen wir dieses Ideal wieder aufleben lassen, das uns stets geleitet und uns erlaubt hat, gemeinsam mit unseren Lesern die Leidenschaft und das soziale Engagement wieder zu entdecken, als Energien und Impulse vielleicht zu schwinden drohten. Und das, weil Babylonia, wenn es ein Arbeitsinstrument sein will für alle, die sich im Beruf mit Sprachen beschäftigen, sein Ziel nur im Zeichen von Werten erreichen kann, die unsere demokratische Kultur prägen, nämlich Toleranz, Respekt vor dem Anderen und Wertschätzung der Verschiedenheit.

In 10 Jahren hat sich vieles verändert. Nach 1989 verstärkte sich die Hoffnung auf eine gerechtere und friedlichere Weltordnung. Viele tragische Ereignisse lehren uns, dass wir noch weit von diesem Ziel entfernt sind, und der Verstand rät uns zu Realismus, wenn nicht gar zu Pessimismus. Was aber bleibt, ist das Vertrauen in den Menschen, in seine Fähigkeiten, in seine Leidenschaft, in seinen Sinn für Verantwortung und in seine Lebensfreude. Es sind jene Eigenschaften, die es uns erlauben, trotz der Widerwärtigkeiten des Lebens, der Ungerechtigkeit und der Unausweichlichkeit des Todes, der Zukunft mit Optimismus zu begegnen. Darin war uns Christoph Flügel (Hommage auf S. 44) bis zuletzt ein Vorbild: Seine ruhige und hartnäckige Mitarbeit hat uns immer daran erinnert, wie der Wert der Dinge sich nicht im unmittelbaren Erfolg misst, sondern sich in viel tieferen Idealen zeigt, für die zu kämpfen sich lohnt.

Es ist ein erfreuliches Zeichen, und irgendwie auch ein Resultat unserer Arbeit, dass wir nach 10 Jahren einen Gesetzesvorschlag zu den Sprachen vorstellen können. Nach der 1996 erfolgten Zustimmung des Volkes zum Sprachenartikel in der Verfassung, war dies längst fällig. Die Schweiz gibt sich die Mittel, um aus ihrem sprachlichen Reichtum eine wesentliche Grundlage für eine bessere nationale Kultur zu schaffen. Wenn sie den Forderungen partikulärer und rein wirtschaftlicher Interessen nicht nachgibt, kann sie weiter als Beispiel für ein friedliches Zusammenleben von verschiedenen Sprachen und Kulturen gelten.

Am Schluss dieses Editorials möchten wir allen 500 Autoren – ihre Namen sind auf dem Einband wiedergegeben – ganz herzlich danken; sie haben uns geholfen, 36 Babylonia-Nummern zu verfassen. Der Dank geht auch an die Redaktoren, die eine grosse Arbeit geleistet haben, und ganz speziell an alle Leser, auf deren Treue wir für die nächsten 10 Jahre bauen. Ihnen überreichen wir ein Poster, das den Leitgedanken von Babylonia ausdrücken will.

Die Redaktion