La Rivista per l'insegnamento e l'apprendimento delle lingue

Der hermeneutische Ansatz im Fremdsprachenunterricht: Rückblick und Ausblick

Ein Interview mit Hans Hunfeld

Hans Hunfeld
Eichstätt

Intervista fatta da Silvia Serena, responsabile di redazione di questo numero.

Intervista in italiano

Babylonia: Sie verwenden die Begriffe „Hermeneutik“ und „hermeneutisch“ und „skeptische Hermeneutik“: diese wirken meist hermetisch oder abschreckend - zumindest sind sie meistens nur im Zusammenhang mit der Interpretation von literarischen Texten bekannt. Sie aber sprechen von „hermeneutischem Sprachunterricht“ – was meinen Sie damit?
Hans Hunfeld: Nach Schleiermacher ist Hermeneutik die Kunst, die Rede eines fremden Anderen richtig zu verstehen. Insofern war Fremdsprachenunterricht immer schon hermeneutisch. Allerdings hat sich der europäische Fremdsprachenunterricht – soweit ich seine Geschichte überblicken kann – in der Regel nicht als hermeneutisch verstanden. Hermeneutik hat, das muss man sich bei der Diskussion dieses Begriffes immer vor Augen halten, in Europa eine sehr lange Tradition; sie beginnt mit der Frage, wie man die Bibel als Produkt zweier Autoren (der göttlichen Botschaft und der menschlichen Ausformulierung) zu verstehen habe. Zwei Verstehensprobleme sind dieser Fragestellung implizit: a) Kann man überhaupt richtig verstehen und b) wenn man verstehen will und kann, braucht man für solche Lektüre dann einen vermittelnden Experten, der sich helfend zwischen Text und Leser stellt? Schon Schleiermacher, der die Kunst des richtigen Verstehens lehren wollte, war in diesem Zusammenhang der Auffassung, dass Missverstand die Regel, Verstehen aber die Ausnahme und nur mit großer Anstrengung zu leisten ist.
Die unterschiedlichen Antworten, die in der Geschichte der europäischen Hermeneutik auf diese beiden Grundfragen formuliert wurden, können in diesem Interview nicht rekapituliert werden – für die Entwicklung schulischen Verstehens aber lässt sich wohl pauschal sagen, dass in der Regel nicht nur der biblische Text, sondern in der Folge auch alle anderen philosophischen und literarischen Texte immer die Vermittlung des Experten benötigten. Im Falle des traditionellen Literaturunterrichts ist mindestens die gymnasiale Erfahrung so, dass der Lehrende sich in der Hauptsache zwischen Text und Leser stellte und dass sein Vorwissen und seine Interpretation für die Lektüre der lesenden Schüler maßgebend und steuernd war.
Wenn Sie also sagen, dass die Begriffe „hermeneutisch“ und „skeptische Hermeneutik“ hermetisch oder abschreckend wirken, so muss man das relativieren: Die lange Tradition der Hermeneutik, auf die ich eben verwiesen habe, und ihre unterschiedliche Deutung hat in jedem Fall bei Rezipienten meines hermeneutischen Ansatzes ein Vorwissen aufgebaut, das die Perspektive der Aufnahme bestimmt. Da unter Hermeneutik sehr unterschiedliche Verständnisse versammelt sind, trifft meine Rede von der skeptischen Hermeneutik auf Vorverständnisse, die ich nicht im Einzelnen kenne. Mit der skeptischen Hermeneutik meine ich jene Haltung, die die Grenzen des Verstehens deutlicher sieht als bisher und daraus Folgerungen für den Unterricht zieht. Hermeneutischer Fremdsprachenunterricht setzt sich also insofern vom herrschenden kommunikativen Ansatz ab, als er nicht davon ausgeht, die Kenntnis von Sprache und Kultur eines Fremden führe schon zum Verstehen dieses Fremden. Ziele, Methoden und Materialien des hermeneutischen Fremdsprachenunterrichts ergeben sich aus dieser grundsätzlichen Einschränkung menschlicher Verstehensfähigkeit. [...]

Testo completo dell’articolo / Texte complet de l’article / Vollständiger Artikeltext / Full Text (pdf)