Die Zeitschrift für Sprachunterricht und Sprachenlernen

Editorial

Eines ist sicher: Die schweizerische Sprachlandschaft steuert auf lebhafte Zeiten zu. Während das Dossier eines neuen Sprachengesetzes gegen den Willen des Bundesrats wieder auf die parlamentarische Agenda gekommen ist und zur Zeit von der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK) behandelt wird, sorgen zwei bekannte Themen für Bewegung: Zum einen weiterhin die Frage nach der Sprache, welche zuerst in der Volksschule unterrichtet werden soll, zum anderen das von der EDK vorgeschlagene Modell 3-5, das die erste Fremdsprache in der dritten und die zweite Fremdsprache in der fünften Primarklasse beginnen lässt. Nachdem sich der Kanton Bern für Französisch als erste Sprache ausgesprochen hat, ist die Kooperation von sechs Kantonen entlang der Sprachgrenze weit fortgeschritten und es ist anzunehmen, dass diese sich nicht nur für Französisch, sondern auch für das Modell 3-5 aussprechen werden. Auf der anderen Seite haben praktisch alle übrigen Deutschschweizerkantone die Weisung aus Zürich akzeptiert und marschieren dezidiert in Richtung „Englisch à tout prix“. Dezidiert ja, aber nicht ohne Probleme, denn bereits in fünf Kantonen sind Initiativen gegen das im Rahmen der EDK auch von diesen Kantonen als Kompromisslösung akzeptierte Modell 3-5 lanciert worden. Dabei führt die Lage zu einer seltsamen und politisch eben nicht unschuldigen Allianz zwischen den Gegnern des 3-5 Modells, die trotz allem lieber für Französisch wären und den Englischbefürwortern, die sich durchaus mit dem Modell 3-5 anfreunden könnten. Die Argumente der Initiativisten kommen so gezwungenermassen sehr populistisch daher, sind aber nicht bar einer untrüglichen Logik. Denn sie wecken gezielt Emotionen und Reaktionen gegen die einmal mehr von oben aufgezwungenen Entscheidungen - so die gängige Sprechweise - und für die Verteidigung des „Praxisreviers Schule“ sowie der professionellen Honorabilität, die von uneinsichtigen (Bildungs-)Politikern und von banalisierenden wie praxisfernen Wissenschaftlern bedrängt werden. Ein sensible Nerv bliebe dabei von beiden Kategorien unbeachtet: Die Überforderung der Lernenden und damit die Sabotage der Qualitätsbestrebungen der authentischen Schule und der Lehrkräfte, die seit langem unerhört vor Überlastung warnen.
Sich auf solche Argumente einzulassen ist an sich mühsam, gefährlich und schlussendlich unproduktiv. Man muss deshalb den Mut finden, der Diskussion einen, kulturell und politisch sachlicheren und substantielleren Gehalt zu geben, ansonsten wird sich leider die Sprachlandschaft zu einem Sumpf entwickeln, der niemandem dienlich sein wird. Babylonia wird sich darum bemühen.
In dieser Nummer geht es aber hauptsächlich um das Lehren und Lernen von mündlichen Fertigkeiten, ein Aspekt des L2-Erwerbs, der wieder vermehrt Aufmerksamkeit geniesst.

Die Redaktion