Die Zeitschrift für Sprachunterricht und Sprachenlernen

Editorial

Und nun? Am 26. Februar hat sich Schaffhausen als erster Kanton an der Urne für den Unterricht von zwei Fremdsprachen an der Primarschule ausgesprochen. Dieses Resultat war sehr wichtig. Die Minderheiten können etwas aufatmen: Französisch, Italienisch und die anderen Sprachen sind noch nicht auf dem Altar der Globalisierung geopfert worden... Es ist zu hoffen, dass Schaffhausen eine Vorreiterrolle für jene Kantone spielen kann, wo Abstimmungen ausstehend sind.
Und dennoch sind wir erst am Anfang! Denn, es wäre wohl sinnlos, eine solche Sprachpolitik zu fördern, wenn gleichzeitig die Mittel zu deren Umsetzung nicht verfügbar gemacht werden. In dieser Hinsicht ist es wichtig, den Lehrkräften das Wort zu geben, welche befürchten, dass eine zweite Fremdsprache zu Lasten anderer, für die Entwicklung der Kinder wichtige Fächer wie Zeichnen oder Musik gehen und jene SchülerInnen zusätzlich belasten könnte, welche ohnehin schon Schwierigkeiten haben und häufig anderssprachig sind. Zugleich sollte man die vielen innovativen Erfahrungen berücksichtigen, die man in der Unterrichtspraxis bereits jetzt macht.
Änderungen sind also notwendig, und zwar nicht nur in der Stundentafel. Man kann nicht einfach die verschiedenen Sprachen isoliert voneinander unterrichten und dabei auch die Kurse in heimatlicher Sprache und Kultur unberücksichtigt lassen. Denn Sprachen leben jenseits der Bücher und sollten eben nicht als reines Bücherwissen verabreicht werden. Darüber hinaus kann man von den Lehrkräften in der Beherrschung der zu lehrenden Sprachen keine Wunder erwarten!
Eine solche Politik kostet und braucht sowohl Mittel als auch Mut zum Neuen. Ist die Bereitschaft dazu da? Oder werden die ökonomische und finanzielle Unsicherheit, vorab des Staates, einmal mehr die Oberhand haben und Lehrkräfteausbildung sowie Neugestaltung des Unterrichts als Verlierer da stehen?
Wir müssen uns dieser Herausforderung stellen und uns für die Mittel einsetzen, die zu einer wirklichen Erziehung zur Mehrsprachigkeit, so wie sie etwa vom Europarat gefordert wird, notwendig sind. Nur so werden unsere Bemühungen für die sprachliche und kulturelle Vielfalt – Schaffhausen ist nur ein Beispiel dafür – Sinn machen. Und nur so wird man vermeiden können, dass die schweizerische Sprachpolitik zu einer Alibiübung zu Gunsten des Mythos einer mehrsprachigen Schweiz degradiert wird.
Indem sie Erfahrungen und Diskussionen zum aktuellen Fremdsprachenunterricht in der Primarschule auf den Begriff bringt, leistet die vorliegende Babylonianummer einen Beitrag zu den Voraussetzungen, die für die Annahme dieser Herausforderung notwendig sind.

Jean-François de Pietro