Die Zeitschrift für Sprachunterricht und Sprachenlernen

Editorial

Do you speak swiss? Dies ist der Titel des Schlussberichts des berühmt gewordenen PNR56 des Nationalfonds zur Sprachsituation in der Schweiz (vgl. die Präsentation in dieser Nummer, S. 66). Wie soll man diesen englischen Titel interpretieren? Eine Provokation, Ironie oder eine einfache Tatsachenwahrnehmung? Den LeserInnen die Qual der Wahl... Babylonia hatte bereits die Nummer 2/2009 den PNR56-Projekten gewidmet, deren Resultate jetzt online abrufbar sind (www.nfp56.ch). Aber worin liegt die Substanz der Forschungsbemühungen der 26 Projekte, die immerhin den Anspruch erheben, „die wissenschaftliche Basis für eine schweizerische Sprachenpolitik zu liefern“?
Zum ersten Mal verfügen wir über wertvolle Daten zu einer Vielzahl von sprachrelevanten Fragen. Dies ist ohne Zweifel positiv zu werten. Aber reicht dies aus, um die Lage der Sprachen und der Mehrsprachigkeit in der Schweiz gebührend und kritisch zu würdigen? Wir hegen darob einige Zweifel. Die Projekte sind sehr verzettelt, die Resultate kaum aufeinander bezogen. Mag sein, so werden manche einwenden, dass es nicht Aufgabe der (empirischen) Forschung ist, Überblicke und analytische Synthesen zur Realität zu leisten. Aber es ist ebenso problematisch, einfach den PolitikerInnen die Analyse und Interpretation von derart bruchstückhaften Daten zu überantworten. Auch die Schlussfolgerungen im Schlussbericht helfen nicht weiter: Ihnen geht der Schnauf aus, sie bleiben in den Daten verhaftet und vermögen kaum eine Synthese, geschweige denn eine interpretative Leistung mit Perspektiven zu liefern. Nehmen wir also die Resultate des PNR56 für das, was sie sind: Ein interessanter Beitrag über mehrere Fragen zur schweizerischen Sprachsituation. Nichts mehr und nichts weniger.
In den letzten Dezennien hat die Schweiz Bemerkenswertes zugunsten des Sprachenlernens geleistet. Die Debatte zum Sprachverständnis wurde intensiv geführt und ein neues Sprachgesetz übersprang die politischen Hürden. Dies alles verdient u.E. eine umfassendere Konfrontation mit einer Realität, die aufhorchen lässt: So etwa, was die zunehmende kulturelle Intoleranz angeht oder was die Schwierigkeit betrifft, das Ziel einer individuellen Mehrsprachigkeit zu erreichen. Die Resultate aus der Forschung sind willkommen, aber es braucht mehr, um die Basis für eine schweizerische Sprachpolitik herzustellen. Dies soll auch an die Adresse der Forschungsgemeinschaft gesagt werden.
Babylonia hat immer wieder die Fragen der Sprachdidaktik aufgegriffen. Wir tun es wieder mit dieser Nummer, die dem handlungs- und aufgabenorientierten Lernen gewidmet ist. Es geht dabei um eine Didaktik, die in den verschiedenen Sprachen nicht einfach zu fassen ist. Dies soll zur Reflexion Anlass geben, denn die unterschiedlichen Verständnnisse von vielen didaktisch-pädagogischen Kategorien deuten auch darauf hin, dass es an der Zeit ist, sich mehr dem Substantiellen hinzuwenden: den kulturellen Inhalten.

(JFdP/GG)