Die Zeitschrift für Sprachunterricht und Sprachenlernen

Editorial

Gute Nachrichten verdienen Aufmerksamkeit und gehören besonders gewürdigt. Gesagt, getan, und zwar für jene erfreuliche Botschaft, die vor wenigen Tagen von Sankt Gallen aus die aufmerksamen ZuhörerInnen in allen schweizerischen Stuben erreichte. Herbeigesehnt wurde sie vor allem südlich der Alpen, aber positiv stimmt sie wohl die meisten BürgerInnen in diesem Lande, zumindest jene, denen die kulturelle Identität und der Zusammenhalt der Schweiz am Herzen liegen. Die Rede ist vom Entscheid des sanktgallischen Grossrates, den Italienisch-Unterricht am Gymnasium weiterhin zu gewährleisten (vgl. auch die Opinione von Renato Martinoni). Die Regierung, angeführt von ihrem Erziehungsdirektor, beabsichtigte, den Italienischunterricht für ein Butterbrot auf dem Altar der Staatskassensanierung zu opfern und scherte sich offensichtlich keinen Deut um den kulturellen, politischen und symbolischen Wert einer derart kurzsichtigen Entscheidung. Zwar bedurfte es 6050 in aller Eile gesammelter Unterschriften und einer systematischen Hintergrundarbeit seitens vieler Italienischschweizer, allen voran der Tessiner Erziehungsdirektor Gabriele Gendotti, dem unsere Anerkennung gebührt, aber schlussendlich zeigte sich die Legislative von ihrer besonnenen Seite und lehnte die Sparmassnahme  ab. Wir freuen uns darob und hoffen, dass die Botschaft in der restlichen Schweiz das verdiente Gehör finden wird.
Die vorliegende Babylonia haben wir mit besonderer Freude vorbereitet. Sie bildet den Abschluss jener Ära der Zeitschrift, die wir 1991 mit der ersten Probenummer und mit beträchtlichem Anfängerenthusiasmus eingeläutet hatten. Grund genug, um 2011 zu jubilieren und die Gelegenheit zu einer Rückbesinnung sowie zu einer Neuorientierung zu ergreifen. Dieser Reflexion werden wir uns in der letzten Nummer 2011 widmen. Vorher stehen andere wichtige Neuigkeiten an. Ab der nächsten Nummer soll ein neuer graphischer Auftritt für frischen Wind sorgen, und wir werden uns fortan auf drei statt vier Jahresausgaben konzentrieren. Aber die Freude an dieser Nummer hat einen ganz speziellen Grund und der heisst: Hans Weber. Die Sympathien der Babylonia-LeserInnen sind unserem treuen Curiosità-Autor schon lange gewiss. Zu Recht, denn seine Beiträge sind Ausdruck eines offenen, neugierigen Geistes. Mit seinen mehrsprachigen Streifzügen gelang es Hans Weber, immer wieder jene authentischen, über die Grenzen von Zeit und Raum hinausweisenden und sinnstiftenden Werte des Lebens gerade in und durch die Sprache zugänglich zu machen. Aus den mitunter anspruchsvollen Curiosità strömte willkommener kultureller Sauerstoff, der uns den vom Schein und vom „Hier und Jetzt“ beherrschten Zeitgeist vergessen liess. Wenn Babylonia das Versprechen einlösen konnte, Sprache nicht einfach als nüchternes Kommunikationsmittel, sondern als Ausdruck von lebendiger Kultur zu betrachten, dann verdanken wir dies auch Hans Weber. Die nächsten Curiosità erwartend, widmen wir ihm deshalb in dankbarer Anerkennung diese Nummer als Hommage. (Red.)