La Rivista per l'insegnamento e l'apprendimento delle lingue

Basiskompetenzen im Lesen: Erwerb und schulische Förderung

Hansjakob Schneider
Aarau

After a presentation of the specific acquisition tasks for reading in L1, Schneider discusses the various developmental models for building up reading competence. He then proceeds to practical educational issues. Children should above all learn to recognize the relations between writing and sound systems and between written and oral communication. This development takes place in various stages, starting from the immediate intake of words as wholes or the progressive perception of their composition of letters, syllables and morphemes to the perception of words as wholes.
The opposition between analytic and synthetic approaches to reading has been abandoned in favour of a combined approach.
The second part of the article addresses the enhancement of reading competence. In addition to the well-known “hard” exercises (recognizing content, thematic structure etc.), “softer” dimensions to approaching texts are taken into consideration (such as the personal attitudes and emotions). Such an interest-guided teaching takes feelings and motivation and communication about them more seriously. It depends on the students’ age as to when these dimensions should play a role in the development of reading. (ed.)

Einleitung

Wenn Erwachsene lesen, steht meist die Sinnentnahme bzw. die Sinnkonstruktion im Vordergrund. Die grundlegenden Fertigkeiten, die automatisierten Prozesse, die beim Lesen ablaufen – Augenbewegungen, Buchstabenerkennung, Worterkennung, um nur einige zu nennen – nehmen wir im Normalfall nicht mehr bewusst wahr. Vergessen haben wir auch die Anstrengungen, die mit der Aneignung der Lesefertigkeit verbunden waren. Aber ohne diese basalen Fertigkeiten wäre das Verstehen von komplexeren Texten gar nicht möglich. Im Folgenden steht diese Phase der Aneignung von basalen Lesefertigkeiten im Zentrum. Darüber hinaus wird aber auch das frühe Textverstehen in den Blick genommen. Da beide Prozesse sich ganz wesentlich in der Schule abspielen, werden auch didaktische Aspekte des Lese-Erwerbs vorgestellt. Mit Blick auf den schulischen Umgang mit dem Lesen wird der Begriff der Lesekompetenz diskutiert und erweitert. Dem ganzen Artikel liegt die Annahme zu Grunde, dass Schriftaneignung Prozesse der Sprachbewusstheit erfordert und gleichzeitig fördert.
Zunächst aber soll geklärt werden, worin unter dem Aspekt der Erwerbsaufgaben das Spezielle des Lesens liegt.2

1. Was macht das Lesen für den Aneignungsprozess speziell?

„Analyse-Synthese-Prozess der interpretativen Umsetzung schriftlicher Zeichen(ketten) in Information“ steht im Lexikon der Sprachwissenschaft unter dem Stichwort „Lesen“ (Bussmann 1990: 446). Dies stimmt selbstverständlich, aber der eigentliche Unterschied des Leseverstehens zu anderen Arten des Verstehens liegt weder im Analyse-Synthese-Prozess noch im konstruktiven Akt der Interpretation. Beide Vorgänge spielen sich beim Hörverstehen von kleinen Kindern bereits lange vor Schuleintritt ab. Im Hinblick auf den Erwerb der Lesefähigkeit werden im Folgenden zwei Merkmale der Schriftlichkeit diskutiert, die ihren Kern ausmachen: (a) das auf die Lautsprache bezogene und doch eigene Zeichensystem und
(b) die spezifische Kommunikationssituation der Schriftlichkeit. [...]

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